Liebe Unterstützerinnen,
liebe Unterstützer,
die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum geltenden Klimaschutzgesetz setzt Maßstäbe in der Verfassungsrechtsprechung unseres Landes. Ich sehe im Wesentlichen drei Schlussfolgerungen:
Erstens: Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts betrifft die ganze Bundesregierung, nicht nur Teile von ihr. Das Klimaschutzgesetz fällt in die Ressortverantwortung der Bundesumweltministerin. Von ihr sind keine verfassungsrechtlichen Bedenken vor oder bei der Verabschiedung des Gesetzes im Deutschen Bundestag bekannt. Das Gleiche gilt für das Justizministerium, das die Verfassungskonformität eines jeden Gesetzes gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium prüft. Umweltministerium und Justizministerium sind in der Hand der SPD. Solange Union und SPD in einer Regierung zusammenarbeiten, verbieten sich Schuldzuweisungen der SPD und ihres Kanzlerkandidaten wegen dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an die Adresse der Union. Den Verstoß gegen das Grundgesetz haben Union und SPD gemeinsam zu verantworten.
Die junge Generation hat das Grundgesetz nicht nur in Klimafragen auf ihrer Seite
Zweitens: Der Klimaschutz hat mit dieser sicher wegweisenden Entscheidung aus Karlsruhe nunmehr eine noch höhere, umfassende verfassungsrechtliche Dimension bekommen. Es wird zwar auch in Zukunft kein „ökologisches Existenzminimum“ und auch kein „Grundrecht auf klima- und umweltschonende Lebensweise“ geben; aber die in das Grundgesetz vor einigen Jahren aufgenommene Staatszielbestimmung des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen bestimmt nun ganz wesentlich mit über Art und Umfang des Schutzes der Grundrechte, insbesondere der Freiheit der Person und des Schutzes des privaten Eigentums. Einfach ausgedrückt: Zukünftige Freiheitsrechte müssen bereits heute geschützt werden. Wenn der Klimawandel die Freiheit und das Eigentum zukünftiger Generationen gefährdet, und das genau hat Karlsruhe festgestellt, dann muss bereits heute mehr getan werden, um unser Klima zu schützen. Dafür hat der Gesetzgeber nun bis Ende 2022 Zeit. Das ist nicht viel angesichts der langen Diskussionen, die es im Vorfeld des – in Teilen nun verfassungswidrigen – Klimaschutzgesetzes bis Ende 2019 gegeben hat. Die amtierende Bundesregierung hinterlässt der nächsten Bundesregierung eine große Aufgabe (um nicht zu sagen: eine schwere Hypothek), die mit Klugheit und Augenmaß gelöst werden muss. Auch die CDU ist gut beraten, jetzt mit einer Diskussion zu beginnen, wie denn der verfassungsrechtlich notwendige Schutz des Klimas verbunden werden kann mit dem Erhalt unseres Wohlstandes und unseres Sozialstaats. Ökonomie und Ökologie bedürfen nun noch einmal einer besseren und dann wirklich zukunftsfähigen Abstimmung zueinander. Gleichzeitig verbietet sich ein gesetzgeberischer Schnellschuss. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts und seine Folgen bedürfen der sorgfältigen Analyse und eine verfassungsfeste Lösung im Verlauf des nächsten Jahres.
Und schließlich drittens: Die junge Generation hat das Grundgesetz nicht nur in Klimafragen auf ihrer Seite. Vielleicht kann man es unter dem allgemeinen Begriff der „Nachhaltigkeit“ zusammenfassen: Wenn auch zukünftige Freiheit und zukünftiges Eigentum unter ökologischen Gesichtspunkten besser geschützt werden müssen, dann verdienen die öffentlichen Finanzen und die zukünftige Altersversorgung der jungen Generation eine ebenso grundsätzliche und verfassungsrechtlich neue Vermessung. Karlsruhe eröffnet neue Handlungsoptionen – nicht nur im Umweltschutz.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!
Ihr
Friedrich Merz