#MerzMail 92: Das Bundesverfassungsgericht wird jetzt Umfang und Grenzen der Schuldenbremse des Grundgesetzes klären

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Regierung Scholz entwickelt eine beachtliche Fantasie in der Umschreibung höchst zweifelhafter politischer Entscheidungen mit neuen Begriffen. Dazu gehört auch die Haushaltspolitik der Regierung. Man spricht jetzt nicht mehr einfach vom Bundeshaushalt, sondern vom „Kernhaushalt“. Daneben gibt es nicht einfach einen Nachtragshaushalt, wenn mal wieder das Geld fehlt, sondern einen „Ergänzungshaushalt“. Und neue Schulden sind nicht einfach neue Schulden, sondern sie stellen ein „Sondervermögen“ dar, zuletzt in Höhe von geplanten 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr.

Gegen den zweiten Nachtragshaushalt für den Bundeshaushalt 2021, der am 18. Februar 2022 mit der Mehrheit der Regierungsfraktionen verabschiedet wurde, haben wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion in dieser Woche eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben. Dieser Nachtragshaushalt verstößt nach unserer Auffassung gegen die Schuldenbremse des Grundgesetzes. Die Koalition beabsichtigt nämlich, aus den erlaubten zusätzlichen Schulden des Jahres 2021, die für die Coronahilfen in Höhe von 240 Milliarden Euro bereitgestellt worden waren, 60 Milliarden Euro, die gar nicht benötigt wurden, einfach in einen „Klima- und Transformationsfonds“ umzubuchen.

Das Bundesverfassungsgericht bekommt damit erstmalig Gelegenheit, Umfang und Grenzen der Kreditaufnahme des Bundes nach der Schuldenbremse des Grundgesetzes zu beurteilen. Wir wollen dafür sorgen, dass Nachhaltigkeit nicht nur in der Umweltpolitik, sondern auch in den Staatsfinanzen ein fester Bestandteil unseres politischen Denkens und Handelns wird. Der Staat muss mit den Mitteln, die er durch Steuern und andere Abgaben einnimmt, auch auskommen. Das war unsere Finanzpolitik nach der Finanzkrise, und das muss unsere Finanzpolitik auch nach Corona wieder werden. Sonst wird der „Kernhaushalt“ eines nicht mehr fernen Tages zur Restgröße der Bundesfinanzen, die sich ansonsten in einer unübersichtlichen Zahl von „Fonds“, „Sondervermögen“ und sonstigen Schattenhaushalten eines weitgehend schuldenfinanzierten Staatswesens wiederfinden. Diesen Weg dürfen wir im Interesse der politischen Handlungsfähigkeit nachfolgender Generation nicht mitgehen. Und damit das Geld nicht ausgegeben ist, bevor das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, wollen wir den Abfluss der Mittel schon im Wege einer einstweiligen Anordnung des Bundesverfassungsgerichts zeitnah stoppen lassen. Unsere Verfahrensbevollmächtigten sehen gute Chancen, viele weitere Verfassungsrechtler mit ihnen und der Bundesrechnungshof auch.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende!

Ihr Friedrich Merz

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